Für das Handwerk begeistern

    Für den Schweizer Bäcker-Confiseurmeister-Verband SBC sind gut ausgebildete Fachkräfte wichtiger denn je. Gerade im Lockdown hat das Handwerk wieder einen Stellenwert bekommen – eine Chance, die es zu packen gilt. Viel Potenzial steckt zudem in der Qualität, Regionalität, Nachhaltigkeit und der persönlichen Beratung der Kundschaft.

    (Bild: zVg) Der SBC begleitet seine Lernenden aktiv auf dem Bildungsweg: Gerade in der Pandemie hat das Brot, das Backen und das Handwerk an Stellenwert gewonnen und die Wertschätzung des Bäckers ist gestiegen.

    Brot hat in der Schweiz einen hohen Stellenwert, wie eine Umfrage des Vereins Schweizer Brot zeigt. Herr und Frau Schweizer essen besonders gern das klassische Brot, Kleinbrote, Zopf und Gipfeli, wobei Letztere zusammen mit Sandwiches voll im Trend sind. «Brot wird als Grundnahrungsmittel und als komplexer Lieferant von Kohlenhydraten sehr geschätzt», weiss SBC-Direktor Urs Wellauer. Doch Bäckereien bieten längst nicht mehr nur Brot an. Der Snackbereich sowie die Ausserhausverpflegung generell bekommt eine immer wichtigere Rolle. Dazu Wellauer: «Der Marktanteil unserer Betriebe mit gastronomischen Leistungen ist auf über 20 Prozent gestiegen.» Das Kundenverhalten hat sich in den letzten Jahren stark verändert, dies in Folge der Zunahme der räumlichen Mobilität, der Digitalisierung, der zunehmenden Individualisierung der Ernährung sowie der unterschiedlichen Lebensformen. «Der Take away Verkauf hat in der aktuellen Corona-Situation und aufgrund der geschlossenen Gastronomiebetrieben stark zugenommen. Wie sich dies nach dem Lockdown der Gastronomie entwickeln wird, ist noch nicht absehbar», sagt Wellauer.

    Für viele Konsumentinnen und Konsumenten hat durch die Pandemie das Handwerk, das selber Produzieren sowie die Regionalität und die Qualität eine neue Bedeutung bekommen. «Viele haben während der Zeit im Homeoffice das Brotbacken und die Liebe zum Brot entdeckt. Die Wertigkeit des Bäcker-Confiseur-Berufes ist gestiegen», freut sich Wellauer.

    Keine Planungssicherheit und viele Fragezeichen
    Die Branche hat das Corona-Jahr mit einem blauen Auge überstanden. Das Bild ist allerdings durchzogen: Verkaufsstellen auf dem Land und in den Quartieren florierten, während diejenigen in Stadtzentren und in den Tourismusgebieten massive Umsatzeinbrüche verzeichneten. «Viele Mitglieder nutzten die Zeit, um die Arbeitsabläufe zu optimieren, das Sortiment anzupassen, die Digitalisierung voranzutreiben oder Renovation vorzunehmen», so Wellauer. Die gewerbliche Branche befindet sich allgemein in einem hart umkämpften Markt, denn Grossverteiler und Discounter streiten um Marktanteile. Dieser unerbittliche Kampf wird teilweise über das Brot und mit dem Brotpreis geführt. Darunter leiden unsere Handwerksbetriebe. Die Coronakrise hat den Existenzkampf dieser Mitglieder noch verstärkt.»

    Der Blick in die Zukunft ist verhalten positiv. Was fehlt ist Planungssicherheit. Es gibt viele Fragenzeichen. «Der administrative Aufwand und die Komplexität sind gross. Zum Teil sind einzig Juristen und Treuhänder fähig, die notwendigen Dokumente in Zusammenhang mit Covid auszufüllen», so Wellauer. Und er ergänzt: «Die Lust, wieder richtig anzupacken, umzusetzen, aktiv zu werden, ist spürbar.»

    Aus- und Weiterbildung immer wichtiger
    Zu den grössten Aufgaben des SBC zählt die Aus- und Weiterbildung. 2020 haben 808 Lernende eine Lehre in der Bäckerei-Confiserie-Branche begonnen. «Sowohl in der Produktion als auch im Detailhandel wurden im letzten Jahr mehr neue EBA-Lernende angestellt als in den beiden Vorjahren, aber weniger EFZ-Lernende als 2018 und 2019», stellt Wellauer fest. Am deutlichsten spürbar ist der Rückgang der dreijährigen Lehren in der Produktion. «Wir müssen uns deshalb intensiv darum bemühen, mittelfristig genügend Kaderpersonen für die Produktion zu haben.

    Aber auch im Detailhandel sind in der Branche ausgebildete Fachleute unabdingbar, die später die Leitung der Filialen übernehmen», so Wellauer. Der Stellenwert der Aus- und Weiterbildung hat in den letzten Jahren in der Branche enorm zugenommen. Die Fachleute im Verband und an der Richemont Fachschule arbeiten intensiv daran, das Angebot ständig zu verbessern und den Tendenzen anzupassen. Dazu Wellauer: «Die sich ständig ändernden Markt- und Kundenerwartungen, die neuen Technologien und Entwicklungen erfordern eine stetige Anpassung des Wissens und der Kenntnisse. Bildung ist heute eine notwendige Voraussetzung dafür, seine Arbeit überhaupt erledigen zu können, bzw. einen Betrieb erfolgreich führen zu können.»

    Die Passion des SBC ist es, seine Mitglieder und ihre Mitarbeitenden sowie die Lernenden auf dem Bildungsweg aktiv zu begleiten. «Wir unterstützen sie mit Fachwissen, setzen Impulse für Inspiration und fördern die Kreativität – wir wollen sie für das Handwerk begeistern!» einen wichtigen Stellenwert in der Ausbildung haben für den SBC die Berufswettbewerbe wie beispielsweise die Swiss Skills. «Sie sind ein Schaufenster, um unsere Berufe der breiten Öffentlichkeit vorzustellen und so Einblick in die Backstuben zu gewähren.» Auf der anderen Seite soll dem internationale und nationalen Publikum Können und Know-how der Branchennachwuchses gezeigt werden. Die Schweizer Bäcker setzen in den letzten Jahren die Latte entsprechend hoch an, haben sie doch an den letzten beiden WorldSkills je eine Weltmeisterin gestellt.

    (Bild: zVg) Der Stellenwert der Ausbildung hat in der Branche enorm zugenommen.

    Regulierungen töten die Kreativität
    Auf politischer Ebene stehen gute Rahmenbedingungen für das Handwerk in der Backstube sowie die gewerbliche Bäckerei-Confiserie-Branche im Mittelpunkt. Dazu gehört der ständig zunehmende administrative Aufwand. Zusätzliche Vorschriften sowie die Bevormundung der Konsumentinnen und Konsumenten mittels der Einführung einer Zuckersteuer oder der sogenannten Lebensmittel- und Hygieneampel sind Regulierungen, die den Betrieben das Leben schwer machen. «Damit wird die Kreativität unserer Berufsleute getötet», so Wellauer. Erfolgreich war der SBC in der Frühlingssession bezüglich der Deklaration von Brot- und Backwaren im Offenverkauf. So muss künftig Herkunftsland angegeben werden. «Damit wird der stark zunehmende Import von Brot- und Backwaren aus dem Ausland eingedämmt», so Wellauer.

    Persönliche Beratung und Lebensmittelqualität
    Als grösste Herausforderung für die Branche erachtet der engagierte Direktor am Puls der Zeit zu bleiben und das Angebot laufend an den Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten anzupassen. Für ihn steht künftig die Qualität im Vordergrund ganz nach dem Motto «Sorgfältige handwerkliche Verarbeitung statt Vielfalt um jeden Preis.» Die Regionalität, die Herkunft der Rohstoffel wird wichtiger, kurze Vertriebswege werden bevorzugt. Die Wertschöpfungskette steht verstärkt im Vordergrund. «Diese muss allerdings auch entsprechend aufgezeigt werden», so Wellauer und er ergänzt: «Die Kundschaft unserer mitgliedbetriebe muss sich im Verkaufslokal wohl fühlen. Die Gastfreundschaft sowie eine zuvorkommende, kompetente und kundenorientierte Bedienung hebt unseren gewerblichen Mitgliedern von den Discountern und Grossverteilern ab.»

    In der persönlichen Beratung steckt viel Potenzial. «Das ist zwar etwas aufwendig, aber im Gegensatz zu Grossverteilern sind die Abstimmungswege bei gewerblichen Bäckereien-Confiserien kürzer.» Wellauer ist überzeugt, dass – sobald wieder möglich – die Nachfrage nach Events gross sein wird. «Es ist eine Chance, um die jungen Zielgruppen anzusprechen. Insbesondere Filialen mit angeschlossenem Café haben den Platz für Veranstaltungen. Denn im Endeffekt geht es bei Brot und Co. viel um Gemeinschaft, das Zusammenkommen und sich treffen.»

    www.swissbaker.ch

    Corinne Remund


    DAS MACHT DER SBC

    Dienstleistungen Corona bedingt besonders gefragt
    Der SBC ist 2013 aus der Fusion der vormaligen Schweizerischen Bäcker-Konditorenmeister-Verband (SBKV) sowie dem Schweizerischen Konditor-Confiseurmeister-Verband (SKCV) entstanden. Beide Verbände hatten eine über 120-jährige Geschichte. Der SBC setzt sich für bestmögliche politische, wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen im Bäckerei-Konditorei-Confiserie-Gewerbe ein. Der innovative Verband ist ausserdem die zentrale Informations- und Koordinationsstelle und dient als Plattform für Meinungsbildung und Erfahrungsaustausch. Der Verband bietet mittels eigenständiger Institutionen eine breite Palette an Spezialisten und Dienstleistungen an, welche der Bäcker-Konditor-Confiseur in Anspruch nehmen kann und ist eine wichtige Interessensplattform für die Mitglieder. Zu seinen Dienstleistungen gehören auch juristische Auskünfte oder Beratungen bezüglich Hygiene und Arbeitssicherheit. Geraden in der aktuellen Situation sind die Dienstleistungen sehr gefragt und der SBC arbeitet auf Hochtouren. Ein Kerngeschäft ist die zukunftsorientierte fachliche und unternehmerische Aus- und Weiterbildung in Produktion, Verkauf und Betriebswirtschaft. Ebenso ist der Verband bestens vernetzt mit anderen Verbänden, Organisationen und Institutionen.
    Aktuell zählt der Verband 1984 Mitglieder – 1388 mit und 596 ohne Geschäft – und umfasst so über 90 Prozent aller gewerblichen Bäckereien, Konditoreien und Confiserien. Dabei handelt es sich ausschliesslich um KMU-Betriebe. Rund 30’000 Leute sind in der Bäckerbranche beschäftigt.

    CR

    Vorheriger ArtikelSichere Online-Beratung zu Suchtfragen
    Nächster ArtikelDie Arbeitswelt 5.0 fordert neue Kompetenzen